Scheine für den Scheinstaat

Ich bin in den letzten zwei Jahren etwas raus gewesen – beruflich viel zu tun, privat ein paar Veränderungen. Da sieht man Dinge schon mal im Schnelldurchlauf. Der Vorteil davon ist etwas Abstraktion. Der Nachteil ist, wie leicht es zu sehen ist, wie das deutsche Waffengesetz den Bach hinunter geht.

Unsere Waffen sind Privilegien. Kein Besitz. Das ist zwar rechtlich anders, aber wenn die Mehrheit anders denkt, dann zählt das nicht. Wir sind eben eine moderne Mehrheits-Demokratie, keine primitive Republik mit verbrieften Grundrechten, die hart verteidigt werden.

Wer das nicht glaubt: Fragt mal in Eurem nicht-Waffen-besitzenden Bekanntenkreis, ob es okay ist, wenn nach einer Gesetzesänderung Eure Waffen eingezogen würden. Und achtet auf den verwirrten Gesichtsausdruck, wenn Ihr von einer Entschädigung sprecht.

Zum Glück wird unser Staat allerdings getragen von Deutschen, also einem Volk, dass sich generell durch Verantwortungsvermeidung und chronischer Angst vor polarisierenden Entscheidungen auszeichnet. Wenn man einem deutschen Beamten eine Ausrede hinhält, wird er oder sie die meistens begeistert ergreifen1.

Der deutsche Beamten kommuniziert in Schriftform. Und das bringt mich zum Titel dieses Essays: Ihr braucht Scheine. Viele Scheine. Unglaublich viele Scheine. Scheine verbriefen Kompetenz. Korreliert zwar nicht 100% in der Wirklichkeit2, aber zu 120% mit der von Beamten.

Die Scheine, die ich meine:

§34a GewO Bewachungsgewerbe– das Türsteher-Diplom. Es gibt keinen höheren offiziellen Schein in Deutschland, was allerdings mehr über den Zustand dieses Gewerbes in Deutschland aussagt als sonst was. Besser wird nur eine Ausbildung (Fachkraft für Sicherheit) oder deren Equivalent (Feldjäger, Objektschutz, Polizei). Toll deswegen, weil es einfach ist, keine Kurs braucht, man einfach Geld ausgibt für die Prüfung und die meisten „Türsteher“ das nicht haben. Sinnvolle Nebenwirkung: Man lernt viel darüber, wann man welches Maß an Gewalt in Deutschland anwenden darf.

Waffenhändler – die WBK, die viel kann und die vermutlich weniger schnell beschränkt wird als der Rest. Braucht etwas Vorbereitung, muss man eventuell mehrfach probieren – die Legenden, wie man bei der Gesichtskontrolle durchfallen kann, wie wenig die prüfenden Waffenhändler Konkurrenz mögen, und wie flexibel man unmögliche Aufgaben stellen kann, haben in manchen Gegenden Hand und Fuß. Aber machbar. Selbst, wenn Ihr kein Gewerbe anmeldet, könnt Ihr immerhin belegen, dass Ihr Euch wirklich, wirklich gut auskennt mit Waffen. Sinnvolle Nebenwirkung: Ihr dürft Euch detailliert mit Waffen, Technik und Geschichte beschäftigen.

Schießausbilder und Schießstandaufsicht – alle Verbände bieten was an. Selbst wenn die Gültigkeit verfällt, wie beim IPSC Range Officer, das Zeugnis für die Prüfung habt ihr. Ist allerdings die populärste Ausbildung, ergo nicht so selten wie der Rest und damit weniger beeindruckend.

Schießausbilder für Verteidigungsschießenschon mal angesprochen, Khi Pa Landgraf war mutig und dreist und hat die Ausbildung „erfunden“. Das ist eigentlich doof, weil informierte Beamte jetzt genau diese verlangen können, auch wenn nur eine Hand voll Menschen in Deutschland den Kurs gemacht haben (der lief jetzt gerade zum ersten Mal und mein ursprünglicher Artikel ist von 2017), aber, imperativer Macht des Faktischen sei Dank, jetzt ist sie da, jetzt kommt man nicht mehr drum herum. Ich warte noch darauf, dass Henning von 0-500 oder Olli von VTAC Germany jetzt keine Kurse der Art mehr veranstalten dürfen, weil die den Schein nicht haben.

Das sind meine Ideen. Es gibt sicherlich noch Zeug zum Auffüllen: Alles, was irgendwie damit verbunden ist und nicht anrüchig klingt: Combat First Responder zum Beispiel.

Die Schwäche der Strategie ist natürlich, dass Ihr so nur die letzten sein werdet, die enteignet werden. Das kann höchstens aufschieben. Vermeiden könnt Ihr die Enteignung das nur mit… Wählen. Hihi. Seht Ihr, ich schreibe auch mal wirklich lustige Blogbeiträge.