2x im Jahr

Die Süddeutsche hat ein interessantes Bild der Waffenbesitzer in Deutschland unter dem Titel „Hast Du noch alle Waffen im Schrank?“.

Edit: Dieser Artikel ist mir zusammen mit einem anderen schon am 30.6.2019 rausgerutscht. Manch einer hat ihn übersehen. Daher kommt der jetzt noch mal.

Dass sie die Liste neben Jäger und Sportschütze noch mit Soldat und Polizist gefüllt hat, um ihr wenigstens etwas Gewicht zu verleihen, ist an sich interessant. Genau wie die chronische Notwendigkeit, zu erwähnen, dass Waffen von Heckler & Koch sind.

Bemerkenswert finde ich folgende Aussage des anonymen oder fiktiven Polizisten:

Mit seiner Pistole, einer P7 der Firma Heckler & Koch, trainiert er zweimal im Jahr am Schießstand. Er findet das ausreichend: „Im Ernstfall ist sowieso alles anders als am Schießstand – da kommt das Adrenalin, und man muss auf eine bestimmte Situation reagieren.“

 SZ vom 30.Juni/1.Juli 2012/jab

Nun gibt es viele Dinge, die man sagen könnte – und in unserem Staat eventuell sagen muss: Eventuell gibt es diesen Polizisten gar nicht. Oder er wurde falsch zitiert. Oder das Zitat wurde aus dem Zusammenhang gerissen – vielleicht war es ja zum einen ein Kommentar über das dürftige Training der Polizei in Deutschland, zum anderen einer darüber, wie viele Faktoren bei einem Schusswaffengebrauch zusätzlich zur geübten Handhabungssicherheit in’s Spiel kommen.

Aber wenn das so stimmt, wie es da steht, dann können wir uns alle sicher sein: Das ist jemand, der glaubt, die Weltsprache sei Schlechtes Englisch und deswegen meint, er könne sich mit schlechtem Englisch besser verständigen als mit gutem, weil letzteres viel weniger Menschen können. Das ist dumm.

Niemand wird besser bei Stress. Jeder fällt aus seine Basisfertigkeiten zurück. Das ist Gospel1. Niemand wird unter Adrenalin besser und Adrenalin verwandelt eine Situation nicht magisch in eine andere. Es wird nur alles schwerer und anstrengender.

Und deswegen trainiert man die Basisfertigkeiten. Dazu braucht es nicht viel, wie Tom Givens immer wieder beweist. In seiner berühmten Statistik über alle seine Schüler sind die 60+, die einen Schusswaffeneinsatz überlebt haben, nicht die Trainings-Nerds, die dieses Blog lesen, sondern hauptsächlich die, die seinen Kurs einmal besucht und es dabei belassen haben. Und das in den USA, wo man die Schusswaffe gefühlt früher einsetzt, weil man ein klareres Verständnis von ihrem Einsatz hat. Und wo wir über Privatpersonen in Privatsituationen reden – Polizisten müssen meist aus noch nachteiligeren und damit schwerer zu beherrschenden Situationen schießen, nämlich nach einem Berg an vorgeschriebenen Deeskalationsversuchen, beim Handschellen-Anlegen2 oder eben in Situationen, wo sie bleiben müssen, während ein Bürger auch einfach gehen kann.

Polizisten müssen mehr können. Ja das ist traurig, denn Polizisten müssen auch andere Sachen sehr gut können.

Trotzdem: Wer nicht trainiert, weil er meint, im Einsatz ist alles anders, der soll gefälligst die Waffe zuhause lassen und aufhören, Kollegen und Umstehende zu gefährden – entweder durch mangelnde Fertigkeiten oder weil er einen Verbrecher bewaffnet. Denn wie ich schon so oft gehört habe, ist das kein Spielzeug. Und kein Talisman. Und auch kein Zauberstab, dessen Benutzung alles gut werden lässt.

Waffen sind Werkzeuge, deren Bedienung man erlernen und immer wieder auffrischen muss.