Es wird eng in der Hose

Messer, Pfefferspray, Tourniquet, Magazin, Schlagstock, Pistole… ich weiß nicht, wie es in Eurem Hosenbund aussieht, aber bei mir staut es sich so langsam. Zunehmen ist keine Option, also: Was tun?

So habe ich das für ich selbst gelöst:

Einmal geht der Erste-Hilfe-Kram ans Bein, in ein Knöchelholster. Zumindest in den Lange-Hosen-Monaten. Dazu folgt noch ein Erfahrungsbericht, wenn ich das 6 Monate durchgezogen habe. Damit verschwindet das TQ. Und auch ein Handschellenschlüssel und ein andere Lockpicking-Tools. Kurze-Hosen-Monate sind bei mir übrigens fast immer Cargo-Shorts-Monate, damit habe ich eine Cargo-Tasche frei für das Zeug.

Beim Rest heißt es erst mal ausmisten: Schlagstöcke haben sich für mich erledigt. Zum einen sind die Teleskopstöcke mittlerweile verboten zu Führen, zum anderen sehe ich für Zivilisten keine Situation und keine Einsatzmethode, wo ein Messer nicht genau das gleiche tut. Polizei, Sicherheitsdienste und Türsteher mögen eventuell in eine Situation geraten, wo sie nicht weg können und dann auf Beine und Arme eindreschen müssen, ich halte Situationen dieser Art in der zivilen SV für extrem selten. Damit bleiben für mich nur Fälle, wo auch der Kopf zur Trefferzone wird, und dann kann das Messer genau so viel, unterliegt aber bei korrekter Auswahl nicht dem Führverbot.

Pfefferspray ist für mich das mysteriöseste Werkzeug, weil ich damit am wenigsten Praxis habe. Ich sehe Pfefferspray als taktisches Mittel, das man weit vor der Anwendung ziehen kann und sollte. Damit muss es nicht schnell verfügbar sein, braucht also keinen Platz im AIWB-Bereich und kann in die Hosentasche. Da ich einen ASP Palm Defender verwende, natürlich auf meine starke Seite, denn der taugt auch als Schlagkraftverstärker.

Magazine passen gut in Hosentaschen, wenn ihr mich fragt. Ich berufe mich einfach auf Tom Givens und John Correias Beobachtungen, wie selten im zivilen Selbstverteidigungsfall ein dynamischer Magazinwechsel aus Kapazitätsgründen notwendig ist. Und administrativ kann man auch aus der Hosentasche laden. Also ab damit in die Hosentasche auf der schussschwachen Seite.

Damit bleiben Messer und Pistole und die Frage der Störungsbeseitigung bei letzterer. Dazu eine kleine rhetorische Frage: Wie löst man eine Störung am schnellsten? Durch einen New-York-Reload, also den Wechsel auf die Zweitwaffe. Nächste rhetorische Frage: Welche Störungen sind bei Pistolen im SV-Fall häufig? Benutzer-induzierte. Entweder durch eine unsauber gegriffene Waffe oder durch Material, das im Weg ist (eigene und gegnerische Kleidung und Körper). Was ist das für eine Situation, in der das passiert? Der Clinch, das Gerangel oder cooler gesagt, der extreme close quarter combat. Und was ist die Lösung dafür? Ein Messer.

Und jetzt kommt der Knackpunkt: Messer links, Pistole rechts? Anders rum? Beides auf die schussstarke Seite?

Bisher ist mir die Holsterindustrie nicht entgegen gekommen: Mein bevorzugtes Bladetech/5.11 AIWB-Holster gibt es nur als Rechtshänder-Variante (was ich auch bin, puh!). Damit muss das Messer nach links. Oder wenigstens in die Mitte.

Wie bedient man als Rechtshänder ein Messer links im Gürtel? Meiner Meinung nach zeigt das Messer mit dem Griff nach links, es sitzt also in der Leistengegend und folgt dem Knick zwischen Bein und Hüfte. Da, wo es nicht stört. Und man greift es mit der Klinge nach unten. Als Technik bietet sich da RGEI, reverse grip edge inside, an. Ein Messer, das das unterstützt, ist das Spyderco Reverse, über dessen Status als Waffe ich mir allerdings extrem unsicher bin. Alternativen gibt es sicherlich, wer clubfoot/sheepfoot/wharncliffe als Klingenform haben möchte, findet sicherlich von Moki Banff Long bis Meyerco Bore Mini 4 irgendwas. Mir persönlich wichtiger wäre ein gerader Griff, kein gebogener, der eine bestimmte Handhaltung vorschreibt.

Bevorzugt wäre von mir tatsächlich das Messer rechts, die Pistole links. Warum? Wenn man etwas wirklich schnell braucht, dann weil man nicht aufgepasst hat und jetzt, gerade, direkt in eine Schlägerei verwickelt ist. Das probate Mittel für ECQC ist meiner Meinung nach einigem Force-on-Force, das Messer, nicht die Pistole. Das gilt, wie alles bei ebbefestung.de, natürlich nur für mich: Mit einem Messer in der Hand bin ich immer und jedem gefährlich. Das ist aber eine Funktion von Kraft, Aggressivität und Technik: Alters-, Gesundheits- und Geschlechtsbedingt ist das nicht für jeden eine Option. Sorry.

Weiter im Text aus meiner Perspektive: Situationen, die schnell eine Pistole statt eines Messers bedingen, erlauben aus meiner Warte mehr Reaktionszeit. Also Schritt zur Seite, sicher die Kleidung aus dem Weg schaffen, sicher greifen, ruhig Treffer in’s Ziel bringen, Hinterlandgefährdung vermeiden. Nein, damit will ich nicht die gleiche Leier anstimmen wie die Beführworter von langsamen Methoden wie dem unterladenen Führen, die einem einen Bug (langsamer erster Schuss) als Feature (mehr Zeit, um sich über den Schuss klar zu werden) verkaufen wollen. Es ist einfach nur eine Abwägung, welche Waffe für mich die höhere Priorität hat, basierend darauf, welche ich schneller brauchen kann.

Hier muss ich noch mal Henning Hoffmann danken, dessen wahnsinnige „ich mach ein Jahr mal alles mit links“-Idee ich ja nachmachen musste, und die mich den zweihändigen Waffengriff mit der linken als dominanten Hand sehr schätzen gelehrt hat. Ich hab lange keine Verwendung dafür gefunden, in diesem Kontekt ist das vielleicht auch einen Blick wert.