Prepping mit Verstand

Das kommt davon, wenn man mehr als ein Blog hat: Ich hätte schwören wollen, dass ich einen Artikel über Prepping/Survivalism schon mal gepostet habe. Da ich keinen finde und jüngst das Thema mal auf kam:

Entgegen dem, was Fernseh-Shows wie „Doomsday Preppers“ gezeigt haben, sind die meisten Prepper nicht auf irgendeinen Fernseh-tauglichen Event mit einer extrem niedrigen Wahrscheinlichkeit, die eventuell noch auf mißverstandener Physik basiert, fokussiert1.

Ein Prepper mit gesundem Menschenverstand analysiert Ereignisse nach Wahrscheinlichkeit multipliziert mit Auswirkung.

Was ist unwahrscheinlich: Ein genetisch modifizierter Virus, der eigentlich nur irgendeine Käferart ausrotten sollte, vernichtet alle Ernten. Jetzt sitzen alle in ihren Bunkern, Häusern oder Wohnungen und ernähren sich jahrelang von ihren Vorräten23. Wahrscheinlich: Ich bin zwei Wochen krank und kann nicht einkaufen. Ich werde arbeitslos und habe kein Geld um Essen zu kaufen. Ich lebe in Griechenland und die Banken sperren alle Geldabhebungen. In allen Fällen ist ein Lebensmittelvorrat klever.

Unwahrscheinlich: Globale Erwärmung trocknet Europa aus, Feuer brechen überall aus, die free shit army legt noch mehr um ‚die da oben‘ aufzurütteln. Wahrscheinlicher: Kinder rauchen heimlich, machen die Zigarette nicht richtig aus; irgendeine billige „CE steht für China Engineered und nicht Conformité Européenne“-Lampenfassung fängt Feuer. In beiden Fällen lohnt ein Feuerlöscher und Praxis ihn auch einzusetzen.

Unwahrscheinlich: Nach einem Terrorangriff, der gezielt durch Attacken Krankenwagen oder Notfallkommunikation still gelegt hat, bin ich der einzige, der Schusswunden verbinden kann. Wahrscheinlicher: Mama kriegt mit 70 einen Herzinfarkt, nachdem sie meine Glatze gesehen hat; Papa sägt sich ins Bein mit der Motorsäge, weil die „Schnittschutzhosen kann man auch zweimal benutzen“-Regel eben doch nicht gilt4; mein kleiner Neffe verschluckt eine Wespe5. In allen Fällen lohnt eine Ausbildung in erster Hilfe und alles an Erweiterung, was man bekommen kann6.

Unwahrscheinlich: Nach einem globalen Angriff von Aliens auf die Menschheit muss ich mich spontan in die Wildnis schlagen und dort aus meinem Bug-out-Bag in Guerilla-Manier Widerstand leisten7. Wahrscheinlicher: Ein Rohrbruch überflutet meine Wohnung, weil die Vermieter mal wieder gespart haben; der Architekt des anstehenden Umbaus bemerkt neben fehlenden Stützen im Bauplan auch die Verwendung von gutem altem Eternit zur Brandsicherung; ein Einbrecher ist frustriert von meinen zahlreichen Safes und mangelnden herumliegenden Wertsachen und dreht vor dem Verlassen des Hauses alle Wasserhähne auf. In allen Fällen lohnt es, schnell Gepäck greifen zu können, um anderswo unter zu kommen.

Unwahrscheinlich: Mein Kampf für freiere Waffenrechte verstört die Grünen so sehr, dass ein lokaler Politiker seine Antifa-Kampfeinheiten in Richtung meiner Wohnung schickt und ich muss meine Sammlung an Federal HST und TBBC anbrechen. Wahrscheinlich: Ich gehe mit Freunden weg, die verstehen die Warnhinweise nicht, die die Umgebung ihnen sendet, ich bin zu Verhaltenskonform, um darauf hinzuweisen und am Ende haben wir zumindest zwei von drei Teilen von „don’t do stupid things with stupid people in stupid places“ abgehakt. In solchen Fällen lohnen Kenntnisse von Deeskalation genau wie die Eskalations-Schiene von Pfefferspray bis tödlichem Waffeneinsatz genau zu beherrschen.

Damit will ich nicht sagen, dass das dieser Tage ob beschworene Schreckgespenst eines gewaltsamen sozialen Umbruchs albern ist8 noch dass sie unabdingbar ist9. Tatsächlich finde ich die Wahrscheinlichkeitsabschätzung, die BJ Campbell hier vorstellt, sehr solide. Aber die Prioritäten sollten anders aussehen. Die Dinge, die ich vorher beschrieben habe, sollte man definitiv zuvor abdecken.