Jeder liebt diese Listen, oder? Zumindest Google tut’s: Die X besten Y. Es ist eine Seuche. Und bei Seuchen will ich natürlich auch mitmachen.
In diesem Fall gab es eine Diskussion unter Freunden, die eingeleitet wurde mit dem berühmten Satz „fürchte den Mann mit nur einer Waffe, er weiß die zu benutzen“ oder einer Variation davon.
Da könnte man jetzt lange drüber diskutieren: Die meisten Menschen in den USA haben nur eine und können die definitiv nicht so gut benutzen wie die mit mehreren, denn die meisten Waffen werden als Talismane gekauft und in die Nachttischschublade gelegt, während die Besitzer von mehreren eher Fans sind, die damit trainieren. Generell gilt diese Regel also nicht.
Spezialisierung, Generalisierung und Abstraktion
Aber darum geht es nicht. Die Grundidee ist ja, dass es lohnt, sich zu spezialisieren. Und wisst Ihr, ich bin nicht dieser Meinung. Das hat nichts damit zu tun, dass ich eine Apokalypse erwarte, wo ich mit jeglicher Beutewaffe klar kommen muss. Sondern damit, dass die menschliche Stärke Abstraktionsvermögen ist und je mehr unterschiedlichen Input man bekommt, desto einfacher ist das.
Abstraktionsvermögen heißt in diesem Kontext, dass man manche Sachen nicht als Gott-Browning-gegeben betrachtet, sondern sie in den richtigen Kontext einordnen kann. Das man über den Tellerrand schaut und versteht, ob ein Sportschützen-Feature wie eine Daumenrampe eine gute Idee ist und wie man das an einer Dienstwaffe umsetzen kann.
Ich sage: Nur wer einen Single-Action Revolver ernsthaft benutzt hat, versteht, warum die 1911 so ist, wie sie ist. Eventuell vermisst man dann den Wide-Spur-Hammer und die Trageweise mit Hammer vorne und Patrone im Lager (und dann wiederum ergibt die Firing-Pin-Safety in den 80er-Modellen Sinn…).
Deswegen hier vier Kurzwaffentypen und -modelle, von denen ich denke, dass man sie besitzen sollte, um mit ihren zu trainieren, um den größtmöglichen Überblick an Techniken zu haben.
Die Glock
Beim Namen haben sich schon viele in die Nesseln gesetzt. Korrekt wäre vermutlich die Formulierung „eine 9mm Pistole mit großen Magazin, Polymer-Griffstück und Schlagbolzenzündung“. Oder „Glock-style“. Als Besitzer einer Glock-style Glock ist es mir eigentlich egal, wer was benutzt. Für das deutsche WaffG ist vermutlich die Sig 320 mittlerweile die bessere Wahl. Die S&W M&P hat in den USA viele Fans, aber ich fand den Support in Deutschland bisher eher mau. Wer CZ dabei unterstützen will, aus dem DA/SA-Markt auszusteigen oder H&K gerne Geld in den Rachen wirft, soll auch glücklich werden. Wichtig ist nur: Trainieren, trainieren, trainieren. Mittlerweile halten viele jüngere Schützen den Glock-Abzug für einen guten Abzug ob des klaren Feedbacks. Soviel zu Coopers oft kritisiertem „Crunchenticker“.
Die SA/DA-Pistole
DA/SA kommt gerade wieder mehr in Mode, hauptsächlich deswegen, weil sie DA geführt ein Plus an Sicherheit bietet. Das ist besonders angenehm, wenn man sie AIWB trägt. Zudem schätze ich persönlich das System, weil man so viel besser trocken trainieren kann als mit einer Glock (oder einer anderen Pistole mit Schlagbolzen).
Wichtig ist meiner Meinung nach, dass sie einen Entspannhebel besitzt. Die Sicherung einer DA-fähigen Waffe ist der schwere Abzug im DA-Modus, den Zustand sollte man schnell herstellen können1. Das ist außerdem ein Bonus deswegen, weil das einen Haufen an potentiellen Kandidaten aus dem Rennen wirft 😉
Wer hingegen eine zusätzlich Sicherung an eine DA/SA-Waffe packt, hat das System nicht verstanden2.
Für die meisten ist dieser Tage die Sig P226 vermutlich der Klassiker und eventuell ist daran Jack Bauer aus 24 Schuld. Genau wie 20 Jahre vorher die Beretta 92 dank Riggs in Lethal Weapon3. Die Beretta M9A3 ist eine interessante Waffe, aber für mich doppelt so teuer wie das, was sie wert ist. Die P226 ist imho nur 50% teurer als ihr eigentlicher Wert, aber ein unhandlicher, häßlicher Klotz.
Ich würde jedem eine CZ75-Variante nahelegen, wenn es Vollstahl sein soll. Ich persönlich liebe die klassischen BD-Varianten, am besten mit rundem Abzugsbügel, ohne Rail und mit schlanker werdendem Schlitten. Das ist visuell so nah an der Browning Hipower wie es nur geht. Und die Hipower ist das ästhetische Ideal, dem alle Pistolen nacheifern sollt. Das ist Fakt ;-)Wer mehr Plastik möchte, der sollte meiner Meinung nach mal die Beretta PX4 anschauen. Die kann man zum Decocker umrüsten und der Verschlussmechanismus ist lustig.
Die 1911
Jeder braucht eine. Allein, um zu verstehen, was jetzt so toll sein soll an Griffwinkel und gerade laufendem Abzug. Was man hingegen nicht lernen soll en müsste ist, wie viel Handarbeit man reinstecken muss in ein über hundert Jahre altes Design, damit es zuverlässig läuft. Ich habe den Fehler gemacht. Ich weil jetzt, wie man Auszieher vorbiegen muss; wie man Sicherungen einpasst; wie eine Patrone aussehen muss, damit es ohne Zuführrampe geht und und und. Das ist verschwendeter Platz auf der geistigen Festplatte.
Kauft einfach, so ironisch das ist, eine S&W 1911 und bedenkt: Ihr könnt nur ein cooles Feature haben, entweder Commander-Length oder 9mm Para. Beides zusammen ist imho zu fehleranfällig. Denn jede Abweichung vom Standard-Format bei der 1911 erhöht die Fehleranfälligkeit. Und Magazine kauft man von Wilson. Ja, eventuell funktionieren die Neuen von MecGar und kosten 10 -15 EUR weniger pro Stück. Und Chip McCormik macht Magazine, die einen guten Ruf haben, ungefähr seit es das System gibt. Und Wilson mogelt bei der Geometrie etwas, das sollte die Pistole selbst können. Aber: Einfach Wilson kaufen und weniger ärgern.
Wer viel mehr Kohle hat, kann natürlich auch 2011, Commander-Length und 9mm wählen, muss dann aber auch lange bei Jürgen Flass ein paar Jährchen warten.
Der DA Revolver
Der Double Action Revolver ist ein Klassiker. Reden wir nicht über Unsinn wie die angebliche bessere Zuverlässigkeit. Das ist Quatsch. Revolver sind Sensibelchen. Ein DA-Revolver kann aber drei Dinge gut: Im Clinch aufgesetzt abgeschossen werden, die Grifftechnik trainieren und die Abzugstechnik perfektionieren.
Ein Snubbie, also ein Revolver mit kleinstmöglichem Rahmen und kurzem Lauf ist für ECQC-Zwecke immer noch die beste Wahl, denke ich. Aber auch der längere Revolver scheint mir persönlich immer sinnvoller als Ergänzung zum Gewehr, je mehr ich darüber nachdenke. Das ist vermutlich einen separaten Artikel wert.
Nun, welchen nimmt man? Ich finde, entweder man sieht sich als reiner Selbstverteidigungs-Schüler, dann sollte es der Snubbie sein. Oder man sieht sich eher als Schusswaffen-Kenner, dann ist es für mich immer ein Revolver mit 3″ Lauf. Das ist die Länge, wo .357 Mag nicht völlig albern ist4 und der Ausstoßer (so er denn bis zum Laufende geht) die Patronen komplett auswerfen kann. Quasi das Äquivalent der Glock 19. Nun mal zu den Herstellern:
- Korth wäre lustig als Deutscher, aber die haben mit ihrem Sky Marshall auf so viele Arten und Weisen gesagt „wir haben keine Ahnung, was ein Dienstrevolver können muss“, dass es nur fair ist, auf sie zu hören und nicht dort zu kaufen.
- Kimber ist mit dem K6s gerade in’s Rennen gestiegen, aber die haben mal versucht, im ersten Durchgang eine 1911 besser zu bauen als das Original und sind da grandios gescheitert5 und jetzt versuchen sie das mit Revolvern. Bin skeptisch. Vielleicht in 5 Jahren.
- Ebenso ist Colt mit dem neuen Cobra recht spät in’s Rennen gestiegen, nachdem sie sich über Jahrzehnte bemüht haben, all ihre Expertise bei Revolvern zu vergessen. Bin skeptisch. Vielleicht in 5 Jahren.
- Ruger mit dem LCR ist ein Kandidat. Die sind nicht toll, aber ihr Geld wert und funktionieren.
- Der andere Kandidat ist, so Leid es mir tut, Smith & Wesson, die nun mal Revolver bauen seit es das Konzept gibt. Nun kostet ein S&W 60 schon doppelt so viel wie er wert ist und wir sollten den danach noch an einen BüMa vom „Club 30“ weiterreichen zum Überarbeiten. Und er hat nur 5 Schuss. Und es gibt ohne viel Extra-Kosten keinen in 9mm. Aber das ist die sichere Wahl.
Bonusrunde
Wer jetzt noch eine Waffe unterbringen kann, der sollte eine Browning HiPower besitzen. Weil er sonst kein Herz hat. Magazinsicherung ausbauen, neben das FN FAL in den Waffenschrank stellen und beide nie benutzen.