Schüsse zählen

Did he fire six shots or only five?“ Well, to tell you the truth, in all this excitement I kind of lost track myself.

Wenn Dirty Harry es schon nicht hinbekommt, dann ist das Zählen von Schüssen wohl Unsinn, oder?

Es begab sich jüngst, dass ich eine Variante vom El Presidente schoss. Nun schießt jeder Varianten vom El Presidente, weil sich nämlich keiner an das Original erinnert1. Meine Variante umfasste ein Nachladen ohne Slide-Lock.

Falls Ihr auch die Übersicht verloren habt, was emergency, tactical und administrative reload eigentlich sind: Gut so. Meine Variante war nämlich: Kammer ist leer, Magazin ist leer, aber Schlitten ist vorne. Total undenkbar für den Taktiker, aber der Praktiker kennt das – denn, oh Wunder, die Glock ist nicht die ergonomischste Pistole der Welt und wenn ich wählen darf zwischen fest gepackter Waffe auf der einen und Daumen weit weg vom Schlittenfanghebel auf der anderen Seite, dann wähle ich den stabilen Griff. Daraus folgt, dass der Daumen  gerne auf dem Schlittenfanghebel liegt und die Waffe bleibt beim letzten Schuss nicht offen.

Und wisst Ihr, wie ich das Problem löse? Ich zähle meine Schüsse. Ich zähle meine Schüsse sogar beim Half-and-Half-Drill. Und das funktioniert.

Irgendwie erscheint mir die Geschichte „man kann unter Stress seine Schüsse nicht zählen“ ähnlich wie „man kann unter Stress den Schlittenfanghebel nicht bedienen“: Wird behauptet, aber der Praktiker schüttelt da nur den Kopf.

Natürlich kann man nicht immer zählen. Aber ich weiß: Ich verzähle mich bis 10 normalerweise nicht und wenn ich es doch tue, dann bemerke ich es sofort. Ich hab noch nie 10 Schuss gezählt und in Wirklichkeit 9 oder 11 geschossen. Anderen passiert das. Aber ich vermute, es liegt am Training. Ich zähle Wiederholungen beim Gewichtheben (also unter Stress), ich zähle Schüsse beim IPSC.

Tatsächlich ist die einzig positive Konsequenz des bevorstehenden Standard-Kapazität-Magazin-Verbots, dass ich überhaupt kein Problem mehr beim Zählen hab: 20 zu zählen geht für mich so eben noch. 30, wenn man dabei noch durch die Welt hüpft, eher nicht.

Ja, und wenn jetzt jemand meint „das ist nur sportlich, taktisch kann ja zwischendrin immer was Ablenkendes passieren und es vergeht viel Zeit“, dann bleibt nur zu entgegnen: Ja, aber dann kenne ich auch die Kapazität meiner Waffe, wenn sowas passiert. Dann ist die nämlich voll. Adminstrative Reloads in Feuerpausen sind nämlich eine gute Sache. Munition umladen für ein volles Magazin ist übrigens auch nicht verboten in der wirklichen Welt.

Fußnote: Der besten IPSC-Schütze, den ich persönlich kenne, ungezählter deutscher Meister, schießt übrigens auch mit Daumen auf dem Schlittenfanghebel und zählt seine Schüsse. Mit weit über 70 Jahren. Geht, wenn man es übt. Nur macht der keine künstlichen Drills, wo er gezielt seine Waffe leer schießt.