Piston-Systeme und Schalldämpfer, Teil 2

Und hier der zweite Gastbeitrag meines Kumpels Philip zum Thema Piston-Systeme und Schalldämpfer, der sich mit der praktischen Frage beschäftigt, warum Philip der Mehrheitsmeinung widerspricht:

Tobias hat es letzte Woche ja schon angekündigt – es gibt noch einen Nachtrag zu meinem Beitrag über Piston-AR15 in Kombination mit Schalldämpfern. Die häufigsten Reaktion, wenn ich das mit der Verschmutzung erkläre ist nämlich “Aber wieso werden dann AR mit Piston so oft für den Schalldämpferbetrieb empfohlen, es heißt doch immer die funktionieren viel zuverlässiger mit Schalldämpfern als DI-AR”. Aber ist das wirklich so?

Dazu müssen wir zuerst einmal klären wieso es überhaupt zu Störungen kommen kann, sobald wir einen Schalldämpfer an einer sonst Störungsfreien laufenden AR15 montieren. Wenn wir uns erinnern, verlängert sich durch das Anbringen des Schalldämpfers der Zeitraum, in welchem nach der Schussabgabe erhöhter Druck im Lauf herrscht, und das sorgt nicht nur dafür, dass das Gas nach öffnen des Verschlusses über das Patronenlager entweicht, sondern auch dafür, dass länger Druck in der Expansionskammer herrscht. Und das hat sowohl beim DI-, also auch beim Piston-AR zur Folge, dass sich die Geschwindigkeit, mit welcher sich der Verschlussträger zurück in Richtung Schulterstützte bewegt, erhöht. Hieraus wiederrum können alle möglichen Störungen entstehen. Gefühlt am häufigsten sind wohl Auswurfstörungen und ein nicht funktionierender Verschlussfang nach dem leerschießen der Waffe. Aber selbst, wenn es keine Funktionseinbußen gibt, resultiert aus der erhöhten Verschlussgeschwindigkeit eine stärkere Materialbelastung und damit kürzere Lebensdauer vieler Waffenteile.

Jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten diese Probleme zu bekämpfen. Man könnte z.B. eine stärkere oder längere Bufferfeder verbauen. Alternativ bietet es sich an einen schwereren Buffer zu verwenden. Für DI-Systeme gibt es dann noch spezielle Verschlussträger, welche über eine Ventilationsöffnung in der Expansionskammer verfügen, wodurch wiederrum weniger Druck auf den Verschlussträger wirkt. Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit, über eine verstellbare Gasentnahme die Größe der Gasentnahme zu reduzieren, und damit entsprechend weniger Gas in die Expansionskammer zu leiten.

Und wenn man jetzt die angebotenen DI-AR und Piston-AR vergleicht, dann fällt auf, dass bei Piston-AR überdurchschnittlich oft eine verstellbare Gasentnahme verbaut ist – und ich behaupte, dass das der wahre Grund für die erhöhte Zuverlässigkeit im Schalldämpferbetrieb ist.

Ein prominentes Beispiel hierfür ist das HK 416, bzw. MR223. Das wurde zuerst an das US Militär verkauft, und hat sich sehr schnell einen sehr guten Ruf aufgebaut. An Zivilisten wurde die Waffe aber ohne verstellbare Gasentnahme verkauft – und hier sind die gleichen Probleme aufgetreten wie bei den DI-Systemen, sobald ein Schalldämpfer montiert wurde. HK hat das Problem inzwischen erkannt und gelöst – indem in der neuesten Generation der Waffe auch bei den Zivil-Modellen verstellbare Gasentnahmen verbaut werden…

Spätestens wenn ich jetzt noch berücksichtige, dass die Piston-AR auch noch schwerer und lauter sind als die DI-Konkurrenten, dann lautet mein Fazit: Für schallgedämpfte Selbstladebüchsen ist Direct Impingement erstmal das bessere System. Am Ende vergleicht man aber nicht zwei Systeme, sondern zwei Produkte – und ein gutes Piston-AR ist einem schlechten DI-AR immer überlegen