Verschwörungstheorien dank schlecht gemachter Gesetze

In einem Blog wie diesem hier über Verschwörungstheorien zu sprechen, ist vermutlich nicht produktiv – Waffenbesitzer sind nach außen hin eh‘ Aluhutträger: Die Sportschützen trainieren Mord oder gar Amokläufe, die Jäger bringen Bambis Mutter um und finden es geil und auf der roten WBK steht im Verwendungszweck ganz fett „Waffenspinner der Neonazi-Art“.

Deswegen ist es eigentlich keine gute Idee, hier über Verschwörungstheorien zu sprechen. Aber ich möchte mal über schlecht gemachte Gesetze sprechen. Wie das „WaffGBundFreistV“, ausgeschrieben die „Verordnung über die Freistellung von Behörden, Dienststellen und Gerichten des Bundes von waffenrechtlichen Vorschriften„.

Die passende Verschwörungstheorie ist, dass das Gesetz dazu gedacht ist, eine Hilfsarmee aus Behördenmitarbeitern jeglicher Art zu bewaffnen und gegen die Bürger einzusetzen. So brachte die auch ein Freund in Form eines Youtube-Videos mit, das ich hier nicht verlinke. Und da sitze ich dann in meiner selbstgefälligen Art und denke „na, zwei Klicks, dann ist das entkräftet“.

Äh, naja, nein. Das klappt nicht.

Der Stein des Anstoßes

Das ist wirklich ein Gesetz, das fast allen Behördenmitarbeitern den Umgang mit allen Waffen erlaubt und dazu ermuntert.

Ja, fast alle Mitarbeiter: Ministerien für Finanzen, Inneres, für Bau und Heimat, Verteidigung, Ernährung und Landwirtschaft, Justiz, Verbraucherschutz; für das Bundeskanzleramt und den BND; für die Bundesämter für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, für die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung; und für Behörden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation, soweit sie Sicherheitsaufgaben wahrnimmt, und die Behörden der Luftaufsicht des Bundes.

Ich habe also nur deswegen „fast alle“ geschrieben, weil ich nicht sicher weiß, ob das nicht einfach alle sind. Da stehen Witze über die Amerikaner und ihre SWAT-Teams der Umweltbehörde aber ganz hinten an.

Und mit alle Waffen meine ich: Sogar verbotene Waffen nach §40.

Mit ermuntern meine ich: Da wird explizit sogar die Schießausbildung inklusive all der schönen Dinge, die uns verboten sind, erlaubt.

Von Hilfsarmee und Einsatz gegen Bürger steht allerdings nichts drin.

Letzteres ist aber imho noch schlimmer: Das Gesetz hat nicht mal einen klaren Verwendungszweck.

Mögliche ehrbare Intentionen

Wenn man nachdenkt, kommen einem schon ein paar Ideen, was den vielleicht intendiert war:

Wer mal eine Airsoftwaffe aus dem Ausland importiert hat (wo kein Land auf die dämliche Idee kommt, ein Spielzeug, das Plastikkügelchen verballert, einem Beschuss für Feuerwaffen zu unterziehen; und das handelsüblich vollautomatisch schießt, was es natürlich zu einer verbotenen Kriegswaffe macht), dürfte sich schon mal gewünscht haben, dass sowohl Post- und Beschussamtsmitarbeiter mit diesen bösartigen Kriegswaffen auch umgehen dürfen, bevor da ein Stempel drauf ist der sagt „jetzt ist das Ding nicht mehr gefährlich. Siehste, hier ist ein Stempel, der das besagt.“. Natürlich wäre es sinnvoller, das Problem der Einstufung zu lösen, aber warum Probleme lösen, wenn man mit dem Verschleppen viel Geld und Zeit schinden kann und außerdem ein weiteres Handelshindernis aufbauen kann?

Wer mal zu einem Wettkampf geflogen ist, wäre sicherlich glücklich, wenn man den überprüfenden Behörden sagen dürfte „nein, Du musst jetzt nicht hier rumstehen, auf Deinen Vorgesetzten warten und ich verpasse meinen Flug, weil Du nie gelernt hast, Entscheidungen selbst zu treffen. Hier ist das Gesetz, nun mach‘ endlich Deine Scheiß-Arbeit. Deinen Namen und den Deines Vorgesetzten nehme ich natürlich trotzdem.“.

Wer mal vor Gericht als Sachverständiger eine Verfahrens-relevante Waffe am Eingang abgeben musste, die es aber nicht in den Gerichtssaal schafft, weil sich niemand qualifiziert sieht, das Ungetüm zu transportieren, findet das sicherlich auch toll.

Und tausende ähnliche Fälle. Dafür macht eine Freistellung Sinn.

Und als positiv denkender Mensch bin ich auch der Meinung, dass das die Intention dieses Gesetzes war. Als lebenserfahrener Mensch im Projektgeschäft weiß ich auch, dass das Ergebnis nicht viel mit der ursprünglichen Intention zu tun hat. Ich kann außerdem das Geschmeiss 582km weit gegen den Wind riechen, das wie gewohnt damit beschäftigt war, noch andere Ministeriennamen und Wünsche deswegen unterzubringen, einfach, weil sie das als ihre Aufgabe betrachten und für sonst nicht viel bezahlt werden. Das ist normal. Das ist der Prozess. Overhead ist ein Preis einer repräsentativen Demokratie für 80mio Menschen.

Das dumme Ergebnis

Was ich aber gar nicht ertragen kann, ist das Ergebnis. Nun bin ich kein Mitglied der Legislative. Ich habe im Gegensatz leider Ahnung von Systemen und weiß, wie man die baut. Eine Grundregel ist „baue ein System nicht nur so, dass es funktioniert. Nein, baue es auch immer so, dass es sich nicht mißbrauchen lässt“. Wir machen das, genau wie alle Erwachsenen, die auch die Verantwortung für ihr Tun haben, von Militär bis Reaktorsicherheit, durch Negativtests, feindliche Tests, Red Team Tests.

Und dieses Gesetz schafft keinen solchen Test. Dass Leute, die nichts Gutes von ihrer nicht gewählten Regierung erwarten, da Angst kriegen, ist völlig verständlich.

Nun bin ich ja Kritiker vieler Waffengesetze. Aber die haben andere Schwächen: Sie schießen über ihr Ziel hinaus; sie lösen Probleme, die keine sind; oder sie geben vor, ein Problem zu lösen, während sie unter der Hand etwas völlig anderes tun sollen.

Aber das Ding, über das wir hier reden, ist einfach Scheiße.