Die zweit-wichtigste Übung

Ich wollte schon ein paar Tage folgenden Trainingsablauf skizzieren und ein Gespräch mit TB (der verdammt noch mal ein eigenes Blog braucht!) brachte mir eine weitere Perspektive. Freut Euch also auf einen meiner patentierten viele-unterschiedliche-Ansätze-zum-gleichen-Thema-damit-niemand-den-roten-Faden-findet Artikel.

Als erstes die Übung: Aus dem Stand ein Schuss in das mittlere Rechteck1 meines besonderen Freundes, der DSU Scheibe A2. Dann ein Schuss aus einer stabileren Position (hockend, knieend, liegend) in das Tontaubensymbol. Fünf mal, insgesamt 10 Schuss.

Abstand: 25m. Oder 23m, weil auf der 25m-Position irgendwelche DSB-Liegen im Weg stehen. Oder zum Üben was auch immer der Abstand ist, wo ihr es nicht mehr schafft, die Tontaube stehend zuverlässig zu treffen, und daher eine stabilere Position einnehmen müsst. Und müssen müsst ihr, denn:

Scoring: Heroes or zeroes auf Zeit. Also: 5 Treffer aus der stehenden Position im mittleren Rechteck. 5 Treffer aus der stabileren Position im Tontaubensymbol. Wer einen verbockt, ist draußen. Die restlichen Heroes werden nach Zeit gewertet. Wer Angst hat vor Zufallstreffern2 oder Moglern mit grandiosen Augen und perfekter Reaktionsgeschwindigkeit3 nimmt zwei Scheiben nebeneinander.

Warum ist das die zweit-beste Übung? Weil die erst-beste die für den Erstschuss-Treffer ist: Ein Schuss aus dem Holster für die Kurzwaffe, aus Low Ready für die Langwaffe. Wer nichts anderes üben kann, sollte das üben, denn das ist die wichtigste Sache, die man mit einer Waffe machen kann. Wer mehr auf dem Stand rumhampeln darf, sollte das hier machen.

Warum ist das gut? Weil das hier präzise Schüsse und schnelle Schüsse kombiniert, Positionswechsel erfordert, dabei den Schützen unter Zeitdruck setzt und Fitness fordert. Das sind viele gute Dinge auf einmal.

Warum ist das sinnvoll? Jetzt wird’s kompliziert. Ich sehe den Sinn von präzisen Schüssen im Stehen nicht. Das ist auch einer der Gründe, warum ich den Indexpunkt Magazin am Unterarm aufgegeben habe. Es ist cool und sportlich, wenn man das kann. Und ich bewundere den NDS-Trainer immer noch, der tagaus, tagein stehend auf 500m Mannscheiben fällen konnte, aber das war eine Konsequenz aus anderen, sinnvollen Übungen und in sich selbst nichts wert:

Im Bereich Selbstverteidigung ist es Quatsch, lang wie eine Zielscheibe rumzustehen und auch bei der Jagd hilft es, unauffällig zu sein und nicht wie ein jagender Zweibeiner auszusehen.

Ja, es gibt diese eine, fiktive Situation, wo man aus einem brusthoch bewachsenen Feld auf ein weit entferntes Ziel schießen muss, sich nicht abknieen kann und keine Auflage zur Hand ist, aber praktisch würde ich sagen: Wenn Du diesen Schuss machen musst, dann stinkt Deine Taktik gewaltig4.

Schießen aus dem Stehen tut man also in meiner Welt nur, weil man schnell auf etwas überraschend Nahes reagieren muss. Wer präzise Treffer landen muss, sollte sich dazu die stabilste Position suchen. Wer unter Zeitdruck präzise sein muss, muss einen Kompromiss aus Stabilität und schneller Einnahmemöglichkeit finden. Das ist ein Hilfsmittel wie eine Barrikade oder eben mindestens die Hocke.

Um das zu simulieren variiert diese Übung zwar nicht die Entfernung (das wäre realistischer aber unpraktisch), aber die Zielgröße: Das Rechteck hat fast die fünffache5 Fläche des Kreises.

Ob die stabile Position nun die Hocke, das Knien oder eine der liegenden Positionen ist, ist egal – Heroes or Zeroes als Scoring sorgt dafür, dass das niemand gamed, sondern die sichere Variante nimmt. Und eine Abfolge von leichten und schweren Zielen stellt sicher, dass niemand als Standardposition für den schweren Schuss eine liegende Position wählt, denn wieder aufstehen kostet Zeit.

Deswegen finde ich meine Übung besser als das etablierte 3-Positions-Schießen, die nach einem Satz endet, so dass jeder Gamer die liegende Position als Abschluss nutzt, komme, was wolle – und jeder klevere Gamer Stand, Roll-over-prone und normal prone als Abfolge benutzt.

Aber abseits von Gaming: Eventuell trefft Ihr auf 25m das Rechteck gar nicht zuverlässig. Dann denkt dran: Das ist eine Übung für Euch. Ihr konkurriert nur mit Euch selbst. Sucht Euch die passende Distanz, und seien es nur 10m, und trainiert dort, bis Ihr das auch auf 25m könnt. Dann könnt Ihr das gerne als Test benutzen, um Euch mit anderen zu vergleichen – aber denkt dran, Vergleiche mit anderen sollte man nutzen, um das eigene Training zu verbessern, indem man sich Motivation und Inspiration abholt; nicht, um Druck aufzubauen oder Depressionen abzuholen.

Soweit mein Wort zum Sonntag.

Fußnote: Mit 25m-Zero ist das einfacher als mit 50/200er Zero 😉