Der ganze große Unterschied zwischen IPSC und Verteidigungsschießen

Hin und wieder geistert ja die Geschichte durch die Welt, dass IPSC verboten wird, weil es ja Verteidigungsschießen sei1.

Und für den Laien sieht’s ja auch so aus, als wäre as ähnlich. Was anders herum bedeutet: Wer den Zusammenhang bringt, ist definitiv nur Laie.

Die rechtliche Definition ist erklärt in §7 AWaffV und §15a der WaffVV, die German Rifle Association erklärt’s hier auch: Mythbusters: Vetreidigungsschießen ist verboten. Völlig vom Laien-Vorwurf kann sich der Gesetzgeber nicht machen (wäre ja auch überraschend), aber in der Tradition blinder Hühner, die auch mal ein Korn trinken, hat er den wichtigen Punkt getroffen:

[Die Übung ist verboten, wenn…] das schnelle Reagieren auf plötzlich und überraschend auftauchende, sich bewegende Ziele gefordert wird

§7 AWaffV, Abs. 4

[Die Übung ist verboten, wenn…]der Ablauf der Schießübung dem Schützen vor ihrer Absolvierung nicht auf Grund zuvor festgelegter Regeln bekannt ist.

§7 AWaffV, Abs. 7

Das sind die wichtigen Punkte: Verteidigungsschießen heiß Verteidigungsschießen, weil es nicht Angriffsschießen ist. Verteidiger reagieren. Verteidiger sind zeitlich immer ganz hinten dran.

Und dementsprechend müssen Verteidiger schnell auf Unvorhergesehenes reagieren.

Wisst Ihr, wie man beim IPSC gewinnt? Nicht unbedingt, in dem man eine bis an’s äußerte Ende getunte Waffe in die Production-Division mitnimmt. Vielleicht, wenn man einen RO hat, der einem zuarbeitet. Eventuell mit viel Training der Basisfertigkeiten. Aber am besten funktioniert es, wenn man die Stage „lesen“ kann und einen guten Plan ausarbeitet.

Denn an der eigenen Schrecksekunde kommt man nicht vorbei! Also keine Ziele vergessen! Denn auch wenn die gar nicht so schlecht liegen; das Bemerken und Erschrecken kostet weit mehr Zeit als das Nachschießen.

Und so lange beim IPSC die Stage-Pläne vorher einsehbar sind und jeder seinen Trockendurchlauf machen darf, so lange unterscheiden sich Verteidigungsschießen und IPSC derartig eklatant, dass nur ein Vollidiot irgendwelche verbietenswerten Ähnlichkeiten feststellen wird.

Das heißt natürlich nicht, dass das grundlegende Verbot von Verteidigungsschießen abgeschafft gehört.

Fußnote: Ausrüstung

Damit korreliert auch die Ausrüstung – wir hören ja oft, dass das Militär vom dynamischen Schießen lernt. Und das stimmt auch. Aber die kopieren natürlich nicht blind. Denn einige Sachen sind einfach sportlich bedingt: Staubschutzklappe und Hülsenabweiser braucht man wirklich nicht, wenn man weiß, was für Munition man benutzt und das man sich nicht in den Dreck werfen wird. Backup-Optik braucht man nicht, denn die Schrecksekunden beim Versagen der eigentlichen Optik und der Wechsel auf das Backup kostet so viel Zeit, dass man sich die Stage auch sparen kann.

Und noch ein Punkt, der einem Gespräch entstammt, das diesen Artikel eigentlich motiviert hat: Eine Optik mit großer „Eyebox“, also einem variablen Augenabstand und geringer Parallaxe, der schlechte Kopfpositionen verzeiht, braucht man auch nicht.

Im Verteidigungsschießen aber braucht man sowas: Der Gegner bewegt sich, man kriegt die Waffe nicht richtig geschultert, der Kopf sitzt auf die Schnelle nicht an der richtigen Stelle, sei es weil der Helm oder irgendwas anderes im Weg steht, liegt oder hängt… und schon wird sowas wichtig. Und deswegen ist das 1x-6x-ZF, die LPVO (low power variable optic) im IPSC so beliebt, während das Militär (und ich) immer noch nach einer guten Lösung sucht.

Sichtbare Laser werden übrigens oft verlacht in der „taktischen“ Szene. Denn Laser verraten ja nur die eigene Position. Und Schießen tut man damit ja nicht besser, dafür gibt es Reddots. Tja, bis man mal eine Waffe um die Ecke gehalten hat oder es wirklich dunkel ist…