Die Geschichte von der Visierung…

Der gute OR hatte jüngst auf einem Kurs ziemlichen Ärger mit der Kombination CZ 75 + Schwalbenschwanz-Adapter + Rotpunkt und wollte jetzt auf gute alte Kimme und Korn wechseln. Und fragte mich nach meiner Erfahrung und Meinung. Natürlich habe ich viel davon.

Also Meinung. Erfahrung nicht ganz so viel.

Meine oft erwähnte CZ 75 Shadow Mamba war so unzuverlässig wie der von Frankonia gewählte Namenszusatz doof. Mit Störungsbeseitigung an CZs kenne ich mich also aus. Weiter aber nicht. Ich hab sogar noch ein völlig unbenutzten Adapter für cZ75 und JPoint hier, nie angebaut.

Deswegen kann ich eigentlich nur was zu Kurzwaffen-Visierungen an sich erzählen. Sollte sich aber auf CZ übertragen lassen, denn wenn ich das richtig sehe, haben die seit 10 Jahren nur noch  Novak-Visierungen, das ist ja ein Quasi-Standard.

Zu allererste aber mein Kontext: Ich schaue immer auf eine Kurzwaffe als Selbstverteidigungsgerät. Praktischerweise deckt sich das bei der Visierung mit dem Einsatz als IPSC-Sportwaffe und theoretisch auch mit der Intention der Production-Class (beliebige Hasstirade gegen die „Gamer“-Fraktion hier einsetzen). DSB-Schützen mit 25m-Statisch-Disziplinen sind leider raus.

Sind Tritium und Lichtleiter wichtig?

Der wichtigste Satz dazu scheint mir von Tom Givens: „Überfälle passieren zwar zur Nachtzeit, aber nicht im Dunkeln“. Der muss es wissen. Zudem ist die Vorstellung, ins Dunkel zu ballern ein klarer Verstoß gegen mehrere unserer vier Sicherheitsregeln (besonders aber „kenne Dein Ziel…“). Brauchen tut man eine beleuchtete Visierung also nicht unbedingt.

Praktisch ist sie allerdings schon, wie mir mein lokaler DSB-Stand immer demonstriert. Abends sind da nämlich nur die Ziele beleuchtet, man selbst steht abends im Dunkeln. Das disqualifiziert schon mal Lichtsammler, denn wo kein Licht ist, kann man auch keins sammeln.

Bewährt hat sich da das TruGlo TFO, was eine Tritium-Lichtquelle hinter einen Lichtsammler packt. Leider ist mir auch bei diesem sonst sehr hochwertigen Modell schon mal die Glasfaser verloren gegangen und damit kenne ich genau 0 Modelle mit Glasfaser-Visierungen, die immer zuverlässig funktioniert haben.

Fußnote: TruGlo hat (oder hatte) scheinbar das Patent auf Lichtsammler + Tritium. Wenn andere Hersteller Varianten anbieten mit Tritium unten und Lichtsammler oben, liegt das nicht daran, dass das eine bessere Idee ist („kürzere Bauweise“) oder taktisch klüger („im Dunklen schießt man instinktiv niedriger“). Sondern weil die das nicht anders dürfen.

Hat Todd Green recht gehabt?

Ein gut aufzunehmendes Korn hat trotzdem seinen Wert, muss ja nicht beleuchtet sein. Das hilft auch bei Tageslicht, genauer bei der Ziehbewegung zwischen Position 3 und 4, wenn man das Korn im periphären Sichtfeld sucht.

Ich hab daher lange überlegt, ob ich nicht einfach mal ein Korn bunt anmale. Hat sich nicht ergeben (zumal auch mal eben einen Satz Kimme und Korn testweise zu kaufen locker 50 EUR kostet), bis mein TFO sich verabschiedet hat, aber während dessen hatte der große Todd Green das schon ausprobiert. Funktionierte gut für ihn.

Als ich mein TFO dann durch komplett schwarze Warren Tactical Sights ersetzt hab, musste auch Farbe her: Die Front des Korns habe ich erst weiß mit Haftgrund grundiert und dann mit neongrünem, angeblich nachtleuchtendem Nagellack bearbeitet. Nagellack aus China, natürlich nicht, weil ich geizig bin (ja, äh, okay, schon), sondern nur, weil die Chinesen noch Lösungsmittel für Erwachsene verwenden und nicht diesen wasserbasierten Öko-Scheiß. Lack verdünnt (mit Mitteln, wo Totenköpfe drauf sind und kleine Piktogramme von toten Fischen und Bäumen, damit man weiß, dass das auch funktioniert), mehrere Lagen gestrichen, perfekt. Hat sogar das Verleihen an jemand ungenanntes überstanden, der versucht hat, sich mit dem Korn durch eine VTAC-Barrikade zu sägen 😉

Okay, was ist mit der Kimme?

Jetzt hab ich lange nur über’s Korn geredet. Hauptsächlich, weil ich mir echt Sorgen mache, dass ich bei der Kimme was nicht verstanden habe: Ich hab gelernt, dass man das Korn fixiert. Eventuell das Ziel 1. Egal, die Kimme fixiert man aber in keinem Fall.

Trotzdem bauen scheinbar alle Hersteller, die Leuchtkorne anbieten, auch Leuchtkimmen. Keine Ahnung, wie das funktionieren soll. Meist überstrahlen nämlich die beiden Kimmen-Punkte das Korn: Zwei Punkte = doppelte Leuchtintensität und noch dazu näher am Auge… das ist ziemlich doof. Wenige Anbieter machen die Punkte auf der Kimme kleiner oder dunkler.

Ich persönlich bevorzuge daher eine komplett schwarze Kimme. Bei TruGlo war ich noch zu feige, dementsprechend habe ich dort nur die Lichtleiter oben abgedeckt, damit die Punkte dunkler wurden, aber noch da waren (mittels Lackstift. Zusätzlicher Bonus ist, dass das die Lichtleitfasern verklebt, dementsprechend hab ich dann nur das Korn verloren…).

Anmerkung 1: Andere Absehen (Kreis und Strich, Pyramide, Ball und Korb…) finde ich nicht nützlich. Die Indexe sollten immer die Oberkante von Kimme und Korn sowie der gleich große Lichtspalt links und rechts vom Korn sein, egal, was sonst noch unnötiges auf die Kimme gedruckt ist.

Anmerkung 2: Der Markt für Leuchtkorn + schwarze Kimme ist übrigens überraschend klein. Wer jetzt noch welche in Schalldämpfer-Höhe braucht (für Schalldämpfer oder Schlitten-montierten Rotpunkt), steht richtig doof da: Trijicon und Trijicon scheint es da zu geben. Eventuell noch Trijicon.

Kimmenspalt und Korngröße

Eventuell ist es dem Alter geschuldet, aber ich mag viel Licht in den Kimmenspalten. Vielleicht hat es was damit zu tun, dass ich unterschiedlich aussehend Ziele beschieße und so mehr vom Ziel sehen kann. Schösse ich immer auf die gleiche DSB-Scheibe, wäre das kein Kriterium. Zum Glück sind meine Augen noch so gut (hey, waren ja auch teuer!), dass ich ein schlankes Korn wählen kann – Korne, die breiter sind als das Ziel taugen nicht unbedingt für präzise Schüsse.

Einschussentfernung

Das Thema erledigt sich für mich: Ich mag keine höhenverstellbare Visierungen. Die sind anfällig gegen Schläge, Stöße und Hängenbleiben; bauen meist mechanisch bedingt so komisch auf, dass man damit eine Waffen nicht gut einhändig durchladen kann; und das Visierblatt ist meist arg scharfkantig, was, wie der gute OF bestätigen wird, einen auch schon mal eine Hose kosten kann.

Dementsprechend habe ich nur Visierungen zur Auswahl, die irgendwo zwischen 5 yards und 7m Fleck schießen und keine Wahl, solange ich keine Feile zur Hand nehme (und wir sind ja hier nicht bei Revolvern, wo Feilen zum guten Ton gehört).

Nebenwirkung ist ein ziemlich ausgeprägter Hochschuss auf 25m, der witzigerweise erlaubt, den schwarzen Teil einer typischen DSB-Scheibe aufsitzen zu lassen und ins Schwarze zu treffen. Das macht mich glücklich, auch wenn der typische DSB-Schütze jetzt lacht, wie niedrig meine Standards sind.

Die rechtliche Lage von Tritium

Nach meinem Verständnis spricht nichts gegen den Besitz einer Tritium-Visierung – auch praktisch betrachtet, dafür gibt es zu viele Uhren mit Tritiumampullen auf den Zeigern in Deutschland. Problematisch ist angeblich, dass Strahlenschutzvorschriften die Gesamtmenge an strahlendem Material betrachten, weswegen Händler sich nicht mal eben 10 Stück davon ins Lager legen.

Im Schengengebiet kümmern sich übrigens viele Händler nicht um derartige Regeln – das soll natürlich nur zum als Realitätscheck der wirklichen Gefährlichkeit dienen und nicht als Anstiftung, einfach bei den Ösis zu bestellen. Wo kommen wir denn da hin?

Meine Erfahrungen

TruGlo TFO: Gutes Korn. Besser verarbeitet als typische Wettkampf-Glasfaser-Visierungen dank höherer Seiten, aber auch nicht so solide, wie ich es mag. Kann man einzeln kaufen (zumindest kriegt man das angeboten, wenn man sich beschwert, dass der Lichtleiter verschütt gegangen ist). Kimme Mist, weil viel zu hell. Die neuen Pro-Modelle habe ich noch nicht ausprobiert.

LPA TTF36GL: Zum in-die-Tonne-treten. Verlieren die minimal eingeklemmten Lichtleitfasern und sind natürlich wegen der Höhenverstellung federgelagert, bleiben also schon mal auf der falschen Höhe hängen. Immerhin ist das Ding auf der Vereinswaffe mittlerweile beide Lichtleiter auf der Kimme los und das von ganz allein.

Warren Tactical Sights, plain/plain: Gut, wenn man selbst lackieren mag und kann. Je nach Modell sind die nach vorne abgerundet, was das Durchladen erschwert, aber das verdeckte Tragen erleichtern.

Glock „Schwalbenschwanzschoneinsätze“: Die Plastikvisierung, die mit vielen Glocks kommen taugen nichts. Zum Präzisionsschießen okay, auch wenn das Basketball-in-Korb-Absehen da nicht unbedingt hilft. Aber einmal hängen bleiben und man rätselt ziemlich lange, wieso das Visierbild komisch aussieht, bis man feststellt, dass am Korn was abgebrochen ist.

Glock Stahlvisierung, nicht höhenverstellbar: Eine billige Alternative zu den Warren Tactical Sights. Die Kimme falsch herum einbauen und dann stören die Punkte nicht mehr, das Korn lackieren und alles wird gut. Billig aus Österreich oder der Schweiz kaufen.

Trijicon Suppressor-height sights: Einzige mir bekannte Möglichkeit, über einen Schlitten-montierten Rotpunkt drüber zu kommen. Leider Tritium-Einsätze vorne und hinten, tut mir in der Seele weh, die hinten zuzuschmieren. Ansonsten extrem gut für ihren Zweck.

Update: Peter, allzeitlich mein Held, hat inspiriert hier von einen Artikel für caliber geschrieben. Schaut mal in Ausgabe 2/2019 unter dem Titel „Lichtblicke“.